Gründungserklärung
Das Netzwerk TA – Profil und Aktivitäten
Am 24. November 2004 wurde in Berlin das „Netzwerk TA" gegründet. Gründungsmitglieder sind eine Reihe anerkannter Kolleginnen und Kollegen aus den unterschiedlichsten Arbeitsgebieten und Ausrichtungen der TA. Angesprochen sind Politik-, Wirtschafts- und Gesellschaftsberatung, also die praktische Seite der TA, ebenso wie die einschlägigen akademischen Disziplinen. An der konstituierenden Sitzung nahmen ca. 80 Forscher und Praktiker teil. Der folgende Text fasst die in der dortigen Diskussion und während der Konferenz „Technik in einer fragilen Welt" gegebenen Anregungen für das Profil des Netzwerks zusammen.
Hintergrund
Wissenschaft, Technik und Innovation sind wesentliche Antriebskräfte der gesellschaftlichen Erneuerung und unerlässlich für Wohlstand, Sicherheit, Gesundheit und Lebensqualität. Gleichzeitig stellen sich neue Herausforderungen an Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit, die sich aus der wissenschaftlich-technischen und der damit verschränkten sozio-ökonomischen Entwicklung ergeben: die Anforderungen einer nachhaltigen Entwicklung, die Zunahme des Innovationstempos in vielen Bereichen, die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit von Wirtschaft und Bildungssystem, ethisch relevante Herausforderungen traditioneller Menschenbilder und Gesellschaftsentwürfe, Fragen der Globalisierung, Umwälzungen in Lebens- und Arbeitswelt, neue Mechanismen der gesellschaftlichen Meinungsbildung und Entscheidungsfindung und neue Formen gesellschaftlicher Regulation (governance) sowie neue Wege in Wissensproduktion und Wissensverteilung.
TA (Technikfolgenabschätzung/Technology Assessment)
Aufgabe der TA ist es, durch vorausschauende Analyse von Chancen und Risiken von Wissenschaft und Technik die oben genannten Herausforderungen, ihre Voraussetzungen und Folgen zu erforschen, sie mit Hilfe wissenschaftlicher Methoden und nachvollziehbarer Kriterien zu bewerten und Problemlösungen zu erarbeiten, um Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit zu beraten und gesellschaftliche Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse zu unterstützen. Diese Unterstützung bezieht sich sowohl auf die Informationsbasis als auch auf die zugrunde gelegten normativen Orientierungen. Sie berücksichtigt, dass Wissen und Werte in Fragen der Zukunftsgestaltung häufig nicht strikt zu trennen sind, und dass der Umgang mit Nichtwissen und Unsicherheiten eine wesentliche Herausforderung darstellt. Da Forschung und Beratung häufig miteinander verbunden sind, spielt auch die Kommunikation der Forschungsergebnisse, für den jeweiligen Adressaten optimiert, eine wichtige Rolle.
Die Art und Weise, wie diese Aufgaben bewältigt werden, unterscheiden sich in Abhängigkeit vom jeweiligen Kontext erheblich. Relevante Faktoren hierfür sind die spezifische TA-Fragestellung, der Adressat, die institutionelle Konstellation, der betreffende Wissenschafts- und Technikbezug, die gesellschaftliche Konfliktlage und die Akteurs- und Beteiligungsverhältnisse sowie die Kosten von Veränderungen. Diese Kontextabhängigkeit führt zu einer großen institutionellen, konzeptionellen und methodischen Diversität der TA.
Das Netzwerk TA
Das „Netzwerk TA" ist ein Zusammenschluss von Wissenschaftlern, Experten und Praktikern im breit verstandenen Themenfeld TA. Dieser Kreis setzt sich zusammen aus den (teils überlappenden) Bereichen Technikfolgenabschätzung, Praktische Ethik, Systemanalyse, Risikoforschung, Technikgestaltung für nachhaltige Entwicklung, Innovations-, Institutionen und Technikanalyse, Innovations- und Zukunftsforschung und den dabei involvierten wissenschaftlichen Disziplinen aus Natur-, Technik-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, den Politik- und Rechtswissenschaften sowie der Philosophie.
Die Mitglieder des Netzwerks vertreten die verschiedenen Ausprägungen der TA und decken das weite Spektrum zwischen Theorie und Praxis, zwischen Forschung und Beratung sowie zwischen den verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen ab. Sie verstehen die dadurch entstehende Vielfalt als Chance, themenbezogen Kompetenzen und Erfahrungen zu bündeln und auf diese Weise zu einer optimalen Nutzung der Ressourcen beizutragen.
Ziele und Aufgaben
Das Netzwerk TA ist entstanden vor dem Hintergrund einer bislang offensichtlich unzureichenden Kooperation innerhalb der TA. Ziele und Aufgaben des Netzwerks sind:
- Verbesserung der Kommunikation und des Informationsaustauschs innerhalb der TA-Community, zunächst im deutschsprachigen Raum, in der weiteren Perspektive auch darüber hinaus,
- Identifikation neuer Themen und Beratungsaufgaben,
- Initiierung und Durchführung selbst definierter Forschungsprojekte,
- systematische und kooperative Weiterentwicklung von TA-Konzepten und Methoden,
- Erarbeitung von Qualitätskriterien der TA und von Ansätzen der internen Qualitätssicherung,
- Formierung einer nach außen stärker sichtbaren „TA-Community", bestehend aus den genannten Forschungs- und Beratungsrichtungen,
- Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses,
- Stärkung des Stellenwertes der TA in Wissenschaft und Gesellschaft,
- Entwicklung systematischer und effektiver Methoden der Umsetzung und gesellschaftspolitischen Nutzung von TA-Wissen.
Aktivitäten
Um diese Ziele zu erreichen, unternimmt das Netzwerk TA (in der ersten Phase) folgende konkreten Schritte:
- Einrichtung einer E-Mail-Liste und eines Internetportals für das Netzwerk mit Links zu den Mitgliedern (Personen und Institutionen) sowie einer News- und Ankündigungsseite, unter Nutzung bereits bestehender Angebote;
- regelmäßige Berichterstattung über die Aktivitäten des "Netzwerks TA" in der Zeitschrift "Technikfolgenabschätzung – Theorie und Praxis";
- Durchführung von Workshops und Konferenzen;
- Durchführung eines jährlichen Netzwerktreffens in Verbindung mit Workshops oder Konferenzen des „Netzwerks TA"; sowie der
- Einrichtung von thematischen Arbeitskreisen.
Die erste Konferenz des Netzwerks TA (NTA1) hat vom 24.-26. November 2004 unter dem Thema „Technik in einer fragilen Welt: Die Rolle der Technikfolgenabschätzung" stattgefunden. Konferenzberichte sind u.a. zu finden im „TAB-Brief" Heft 27, Dezember 2004, S. 40-41 und in „Technikfolgenabschätzung. Theorie und Praxis" Heft 3, 2004, S. 152-154. Eine Buchpublikation mit den Beiträgen der Konferenz in der ITAS-Schriftenreihe „Gesellschaft – Technik – Umwelt" in der edition sigma ist in Vorbereitung.
Organisation
Das Netzwerk „lebt" von der Initiative der Mitglieder. Um diese Initiative anzuregen, ist ein Mindestmaß an unterstützender Infrastruktur und an Verantwortlichkeiten erforderlich. Eine unterstützende EDV-Infrastruktur wird bereitgestellt. Eine Arbeitsgruppe zu dieser Thematik hat sich bereits zusammengefunden. Im weiteren Verlauf ist dann an weitere Elemente einer Kommunikationsinfrastruktur zu denken wie Diskussionsforen zu bestimmten Themen (z.B. im Rahmen von Netzwerk-Arbeitskreisen) oder Plattformen zum Informationsaustausch.
Die Koordination dieser Aktivitäten wird von einem kleinen Koordinationsteam wahrgenommen, das sich für die Übernahme dieser Aufgabe auf zunächst zwei Jahre bereit erklärt hat. Als Beirat und Anregungskreis fungiert darüber hinaus die Gruppe der Gründungsmitglieder des Netzwerks TA."