Editorial zum OpenTA-Neuerscheinungsdienst (NED) “ÜberdenTAellerrand” August 2021
Ein Beitrag von Tanja Sinozic
In dieser Ausgabe des NED werden drei neue Bücher zu TA-Themen vorgestellt. „Streamland“ von Marcus S. Kleiner befasst sich mit den Auswirkungen von Streaming-Diensten auf die Art und Weise, wie wir Informationen konsumieren, und folglich auch auf unser demokratisches Denken. In „Die Gesellschaft nach Corona“ plädieren Reinhold Popp und Konrad Ott für eine Fortsetzung der ökosozialen Prinzipien nach der Pandemie und betonen die Bedeutung des Wohlfahrtsstaates. Schließlich befassen sich Jörg Metelmann und Harald Welzer in „Imagineering“ mit Gestaltungsoptionen für nachhaltiges handeln.
Netflix ist die neue Perspektive der Welt
Die zunehmende Nutzung von digitalen Medien und deren unerwünschte Nebenfolgen haben zu einer Vielzahl von Untersuchungen über ihre demokratiegefährdenden Eigenschaften geführt. Das neue Buch von Marcus S. Kleiner, Professor an der SRH Berlin University of Applied Sciences, widmet sich diesem Thema, indem er die Konflikte zwischen Streaming-Diensten und bewusstem Medienkonsum in seinem neuen Buch "Streamland: Wie Netflix, Amazon Prime & Co. unsere Demokratie bedrohen" thematisiert. In den letzten zehn Jahren hat sich das Streaming von einem Nischendienst zu einer der dominierenden Formen des Medienkonsums entwickelt. Wie bei Diensten üblich, die auf lernenden Algorithmen basieren, werden auch Streaming-Dienste immer besser darin, uns das zu bieten, was wir wollen, je mehr wir sie nutzen. Eine unmittelbare Folge davon ist eine Verringerung der Informationsvielfalt, die wir in den populären Medien erhalten, und folglich eine Verengung unseres Weltbildes. Die damit verbundenen Gefahren sind inzwischen weitläufig bekannt. Weniger vielleicht im Zusammenhang mit Streaming-Diensten und der Frage, wie man sie sinnvoller nutzen kann, was Professor Kleiner in diesem zeitgemäßen Buch darlegt.
Streamland besteht aus vier Kapiteln (Inhaltsverzeichnis). Nach der Einleitung widmet sich das zweite Kapitel des Buches der Bildung als Dimension des bewussten Medienkonsums. Kapitel 3 befasst sich mit dem Fernsehen und der Konkurrenz durch neue digitale Mediendienste. Es folgt ein Kapitel über Streaming. Das Streamen von Inhalten unterscheidet sich insofern vom klassischen Fernsehern, als dass es auf individualisierte Algorithmen setzt, ähnlich wie andere digitale Dienste, die wir konsumieren. Kapitel 5 bietet eine Kritik an diesen Entwicklungen. Das Buch endet mit einem Kapitel über eine Dystopie, in der es um eine Warnung vor der Abhängigkeit von Fiktion geht.
Krisen lösen, dabei andere verursachen?
Die Interaktion der Diskussionen über die Lösung der Corona-Krise und der Klimakrise wird von vielen ForscherInnen als potenziell vorteilhaft für beide angesehen. In ihrem neu erschienenen Buch “Die Gesellschaft nach Corona: ökologisch und sozial. Perspektiven für Deutschland und Österreich” problematisieren Prof. Reinhold Popp, Leiter des Institute for Futures Research in Human Sciences an der Sigmund Freud Privatuniversität in Wien, und Prof. Konrad Ott, Inhaber des Lehrstuhls für Philosophie der Ethik und Umwelt an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, die Folgewirkungen der Pandemie im Sinne einer anhaltenden Wirtschaftskrise und fragen, wie unter solchen Bedingungen ökosoziale Prinzipien erhalten und gestärkt werden können.
Das Werk ist zukunftsorientiert und könnte daher auch TA-ForscherInnen interessieren. Es gliedert sich in drei Hauptteile (Inhaltsverzeichnis). Im ersten Teil, "Nach Corona: Zur Zukunft des Sozialstaats. Perspektiven für Deutschland und Österreich" analysiert Reinhold Popp die historischen Wurzeln des Sozialstaats und seine wichtigsten Umverteilungsmerkmale (Renten, Gesundheitswesen). Der Autor diskutiert die Zukunft des Sozialstaats auf der Grundlage sich verändernder Kontexte (Krisen) und neuer Ideen, wie er erhalten werden kann (Grundeinkommen). Im zweiten Teil des Buches, "Nachhaltigkeitspolitik in und nach der Pandemie: Perspektiven einer öko-sozialen Transformation", erörtert Konrad Ott die Zusammenhänge zwischen der Pandemie und einer Strategie zur Umsetzung einer Transformation im Sinne der Nachhaltigen Entwicklung. Das Buch schließt mit einem Kapitel der beiden Professoren über Vorschläge zur Bewältigung künftiger Pandemien durch Investitionen in den Wohlfahrtsstaat und seine öko-sozialen Prinzipien.
Utopischer Realismus als Ansatz für eine nachhaltige Zukunft
Prof. Jörg Metelmann (Uni St. Gallen) und Prof. Harald Welzer (Uni Flensburg, und Dir. FUTURZWEI) stellen in ihrem neuen Sammelband “Imagineering: Wie Zukunft gemacht wird” eine Reihe von Perspektiven über lokale Maßnahmen zur Bekämpfung der Verknappung natürlicher Ressourcen. Die Zukunftsorientierung ist ein essentieller Teil der TA, die darauf abzielt, durch heute ergriffene Maßnahmen unerwünschte Folgen zu vermeiden oder abzuschwächen (Inhaltsverzeichnis).
Der erste Teil des Buches bietet drei Perspektiven zum Thema "'Zukunft machen' denken". In einer davon stellt Harald Welzer die Geschichte von FUTURZWEI vor. FUTURZWEI ist eine gemeinnützige Stiftung, die nachhaltige Innovationen fördert. Im zweiten Teil des Buches – „Zukunft machen“ – finden sich sechs Beiträge von verschiedenen AutorInnen, KünstlerInnen und ArchitektInnen, die mit überraschenden Beispielen das Bewusstsein für Möglichkeiten der Zukunftsgestaltung schärfen. Realities:united, der von Architekten Jan und Tim Edler gegründete Kunstraum in Berlin, steht im Zentrum eines Beitrags mit dem Titel "Eine großtechnologische Abschiedsperformance", während Jonas Görgen und Thomas Telios (beide Forschen an der Uni St. Gallen) die Änderungsnotwendigkeit finanzieller Vernunft thematisieren. Das Buch endet mit einem Kapitel von Prof. Günther Bachmann (Generalsekretär Rat für Nachhaltige Entwicklung) mit dem Titel "Entgegen aller Erwartung: Wie eine Idee die Gegenwart auf den Kopf stellt und was daraus werden kann". Den unterschiedlichen Beiträgen ist gemein, dass sie die Notwendigkeit der Transformation in Politik und Alltag zum Thema machen.
Für die Augustausgabe des NED wurden aus 246 automatisch selektierten Buchtiteln aus dem Datenbestand der Deutschen Nationalbibliothek insgesamt 17 Buchttitel ausgewählt. Darunter auch ein Titel vom NTA-Mitglied Prof. Kathrin Braun (Uni Stuttgart) “Biopolitics and historic justice”. Die bibliographischen Angaben der 17 Titel sind im Folgenden aufgeführt:
Bergmann, Thorsten (2021): Möglichkeiten und Grenzen einess Start-up Accelerators für die Gründung und Entwicklung neuer Unternehmen in der Prozessindustrie. Münster (THESES).
Bescherer, Peter (2021): Urbane Konflikte und die Krise der Demokratie. Stadtentwicklung, Rechtsruck und Soziale Bewegungen. 1. Auflage. Münster: Westfälisches Dampfboot.
Bodemann, Markus (Hg.) (2021): Zukunftsfähigkeit durch Innovation, Digitalisierung und Technologien. Geschäftsmodelle und Unternehmenspraxis im Wandel. Berlin, Germany: Springer Gabler.
Braun, Kathrin (2021): Biopolitics and historic justice. Coming to terms with the Injuries of normality. Bielefeld: transcript.
Deutschland, digital, sicher. 30 Jahre BSI : Tagungsband zum 17. Deutschen IT-Sicherheitskongress (2021). Gau-Algesheim: SecuMedia Verlag.
Eulerich, Marc (2021): Digitale Transformation von Corporate-Governance-Systemen. Sicherer und effizienter Einsatz von Automatisierungstechnologien. 1. Auflage. Düsseldorf: IDW Verlag GmbH.
Fuchs, Simona (2021): Risikomanagement in der Aufbereitungseinheit von Medizinprodukten. Praxisleitfaden : sichere Prozesse in der AEMP. 1. Auflage. Hamburg: Behr´s Verlag.
Haagen, Christian (2021): Verantwortung für Künstliche Intelligenz. Ethische Aspekte und zivilrechtliche Anforderungen bei der Herstellung von KI-Systemen. 1. Auflage. Baden-Baden: Nomos (THESES).
Hofheinz, Marco (Hg.) (2021): The grand international challenges. Theologisch-ethische Perspektiven. 1. Auflage. Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer.
Kampmann, Andrea (2021): The role of storytelling for communication in risk management. A conceptual and experimental study. 1st edition. München: Vahlen (THESES).
Kepplinger, Brigitte; Schwanninger, Florian (Hg.) (2020): Optimierung des Menschen. Beiträge der 5. Internationalen Hartheim Konferenz. Online verfügbar unter http://d-nb.info/1216760233.
Kleiner, Marcus S. (2020): Streamland. Wie Netflix, Amazon Prime & Co. unsere Demokratie bedrohen. Originalausgabe. München: Droemer.
Metelmann, Jörg; Welzer, Harald (Hg.) (2020): Imagineering. Wie Zukunft gemacht wird. Originalausgabe. Frankfurt am Main: FISCHER Taschenbuch.
Popp, Reinhold (2020): Die Gesellschaft nach Corona: ökologisch & sozial. Perspektiven für Deutschland & Österreich. Wien: LIT.
Rose, David (2021): Our posthuman past. Transhumanism, posthumanism and ethical futures. Basel, Schweiz: Schwabe Verlag.
Schaller, Amaury-Alexandre (2021): Business model innovation roadmap for the digital transformation process of a German SME. Hamburg: Verlag Dr. Kova? (THESES).
Schweiger, Stefan (2021): Erzählungen der Energiewende - sozialwissenschaftliche Erzählforschung als Methodik nachhaltigkeitsorientierter Politikwissenschaft. Potsdam (THESES).
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